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Camorrista

eBook - Roman

Erschienen am 20.11.2009, Auflage: 1/2009
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783641037987
Sprache: Deutsch
Umfang: 352 S., 0.32 MB
E-Book
Format: EPUB
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Psychologisch dichter, hoch spannender Krimi über die Camorra und ihre Methoden

Die Polizistin Rosa erlebt ihren ersten Einsatz im Zeugenschutzprogramm: Sie muss den jungen, aussagewilligen Camorra-Boss Cocíss an einem geheimen Ort bewachen, um ihn vor der Rache seiner eigenen Leute zu bewahren. Doch Rosa merkt schnell, dass die Camorra das Versteck längst kennt. Sie entschließt sich eigenmächtig zu einer Flucht mit dem Camorrista, auch wenn sie sich damit in äußerste Gefahr begibt. Andrerseits gibt es zwischen ihr und Cocíss auch Momente von Komplizenschaft und Nähe. Doch kann sie ihm wirklich trauen?

Ein atemberaubend spannender Thriller und ein außergewöhnlicher Einblick in die Welt der Camorra.

Autorenportrait

Giampaolo Simi wurde 1965 in Viareggio geboren und arbeitet als Wissenschaftslektor, Journalist und Autor und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Er lebt abwechselnd in Viareggio und Florenz.

Leseprobe

Als ich klein war, nannten sie mich das elektrische Mädchen.
Wenn sie uns ins Bett brachten, knipste mein Bruder Diego das Licht aus und wollte, dass ich »Glühwürmchen« machte. Jeder synthetische Pullover knisterte und sprühte Funken, sobald ich ihn über den Kopf zog.
Das gefiel ihm wahnsinnig, kam ihm vor wie Zauberei. Mir gefiel es ein bisschen weniger, wenn ich an der Autotür, am Toaster oder an der Antenne des tragbaren Fernsehers einen Schlag bekam. Diego schloss daraus, ich hätte Superkräfte, und so bat er mich eines Tages, die kleinen Batterien des Walkmans, den er zu Weihnachten bekommen hatte, die ganze Nacht lang fest in meiner Hand zu halten.
Am nächsten Morgen funktionierte sein Walkman wieder. Dann stimmte es also, ich hatte Superkräfte. Ich glaubte daran, ohne mich groß zu wundern. Es erschien mir durchaus wahrscheinlich, dass es Menschen mit Superkräften geben konnte.
Meine Superkräfte mussten ein Geheimnis zwischen Diego und mir bleiben, doch an dem Tag, als ich zum ersten Mal meine Zahnspange trug, musste ich erleben, wie meine Beliebtheit in der Klasse massiv einbrach, und da erzählte ich den anderen davon. Ich prahlte geradezu mit meinen Superkräften, und eine Klassenkameradin gab mir die dicken Batterien einer dieser Puppen, die weinen können, zum Aufladen.
Da es ja größere Batterien waren, verkündete ich mit Kennermiene, dass ich mindestens zwei Nächte brauchen würde. Voller Angst, mein Bruder könnte etwas merken, umklammerte ich die Batterien drei Nächte lang, die letzte davon schlaflos. Doch diese dumme Puppe wollte einfach nicht weinen.
Ich wurde zum Gespött der Klasse. Als ich meinem Bruder alles gestand, war sein Urteil eindeutig: Wer seine Superkräfte offenbart, verliert sie für immer.
Einen Monat danach erklärte mir mein Vater, dass Diego immer die Batterien ausgetauscht hatte, während ich schlief. Und was aufladbare Batterien anging, so würden sie eines Tages überall verbreitet sein, und das wäre dann für die Natur viel besser. Die Natur war mir schnurz, und ich fühlte mich ganz schlecht, hauptsächlich weil niemand Superkräfte hatte.
Ich fragte ein paar Mal bei meinem Vater nach. »Nein, niemand«, sagte er jedes Mal. »Du auch nicht, Papa?« »Aber nein.«
Plötzlich hatte ich das Gefühl, in einer todtraurigen Welt zu leben.

Ein Therapiezentrum ist auch kein besonders fröhlicher Ort.
Aber das hier befindet sich in einer Benediktinerabtei (was will man mehr). Sie heißt Spaccavento, und ich habe sie immer aus der Ferne gesehen. Ich muss sagen, sie hat schon ihre Wirkung, wenn man sich ihr auf dem alten Weg voller Teerkrusten nähert (die vielen Schlaglöcher haben allerdings auch ihre Wirkung auf meine beginnende Blasenentzündung).
Nach der (hoffentlich) letzten Kurve ragt die Einfriedungsmauer vor mir auf, hoch und senkrecht wie ein mit Kletterpflanzen überzogener Deich.
Ich stelle den Motor ab und stütze mich aufs Lenkrad. Der Glockenturm der Kirche, eckig und aus grobem Stein gemauert, erhebt sich über den dunklen Spitzen der Zypressen. Ich hole ein Erfrischungstuch aus der Handtasche, kontrolliere im Rückspiegel mein Aussehen und beschließe, den Lippenstift aufzufrischen (nicht zu wenig, aber auch nicht übertrieben viel).
Ich mache die Wagentür auf. Wenn Gott existiert, wird er sicher wissen, wie sehr ich jetzt, im Alter von dreißig Jahren, eine dieser Superkräfte brauchen könnte. Irgendeine, er kann sich eine aussuchen, egal welche.
Doch das einzig Elektrische, das ich spüre, ist ein Kribbeln im Knie. Ansonsten ist auch das Handy auf null. Kein Saft und kein Netz.
Hier drinnen sind überall Skelette.
Ich bin von langen Knochen umgeben. Von krummen alten Knochen.
Die auf der anderen Seite des Tischs mustern mich eingehend. Sie sind zu dritt.
»Daniele Mastronero, genannt Cociss«, beginnt der Typ in der Mitte, der im blauen Anzug. »Ja, wie der Apachenhäuptling. Man nennt ihn wohl deswegen so, weil er zwei gleiche Narben unter den Augen hat. Wie die Kriegsbemalung der Indianer. Unser Mann war der Gebietsverantwortliche für den Block K, den nördlichen Bereich des Viertels 167, zwei Drogenumschlagplätze, ein Dutzend Soldaten, dazu die Dealer, die Schmieresteher und die Wachtposten. Heroin, Kokain, Crack und Fläschchen zu erschwinglichen Preisen. Sieht so aus, als hätte er seit ein paar Monaten direkt mit den Lieferanten verhandelt.«
Der Typ im blauen Anzug hat beinahe weißes Haar und schwarze Augenbrauen. Kleine, misstrauische Augen von einem, der nur jedes Schaltjahr mal lacht. Er schließt die Mappe und räuspert sich.
»Wir haben ihn am frühen Morgen aufgegriffen, in einem verlassenen Zigeunerlager. Mastronero hatte sich in einem Wohnwagen versteckt, den er mit seinen Komplizen benutzte, um, wie er es nannte, bestimmte Probleme bei der Arbeit zu lösen. Hier sind die Fotos der Inaugenscheinnahme und eine unvollständige Liste des sichergestellten Materials.«
Er reicht mir ein Dutzend zusammengehefteter Blätter. »Wollen Sie einen Blick darauf werfen? Bitte.« (Ich lege keinen Wert darauf.) »Danke.«
Sie sehen mich alle drei an, mehr oder weniger aufmerksam. Es ist ein Test. Und aus den Schaukästen, ohne erkennbare Ordnung an den Wänden aufgestellt, starren mich die traurigen Augenhöhlen leerer Schädel an.
Die Fotos hat man von eins bis fünfundzwanzig durchnummeriert. Die Wände und der Boden des Wohnwagens sind übersät mit Spritzern. Weitere Aufnahmen zeigen eine Autobatterie mit Kabeln und Klemmen, eine Nagelzange, weiße Plastikflaschen, einen Schuh. Ich überfliege die Auflistung des sichergestellten Materials: »2 große Zehennägel, ganz; 1 distales Zehenglied, an einem Ende zerquetscht; 5 Knorpelfragmente einer Hörmuschel; 1 Stück Kopfhaut, rechteckig, ungefähr 3,5 cm x 1,2 cm mit ausgefransten Rändern ...«
Ich schließe das Dossier. Der Mann in Blau scheint nicht die Absicht zu haben, weitere Ausführungen zu machen, vielleicht erwartet er, dass ich etwas sage, aber ich enttäusche ihn. Ich schaue zuerst ihn an, dann die beiden anderen, die in einer Reihe mir gegenüber an dem langen Tisch mit Marmorplatte sitzen. Dann rücke ich den Ausschnitt meines T-Shirts zurecht und lasse die Glieder meines Quarzarmbands durch die Finger gleiten, als wäre es ein kleiner Rosenkranz. Ich sehe auf die Uhr: Es ist zwei. Über uns brennt die Sonne auf die Dachziegel, und hier drinnen ist die Luft abgestanden.
»Wollen Sie etwas hinzufügen, Dottor Alamanni?«, fragt der Mann in Blau den Typen, der zu seiner Linken sitzt.

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